Auszug aus der Chronik des SPD Ortsvereins Friedberg
Oswald Teuber u.a.: SPD Ortsverein Friedberg – Chronik 1902-1996;
198 S. m. zahlr. Abb. u. Tab.; Selbstverlag, Friedberg 1996
„Altbairische Herzogstadt am Lechrain“
So wird unsere schöne Stadt Friedberg oft betitelt – eine Stadt mit Geschichte. Unsere Stadt ist nicht nur ein Ort, wo Menschen leben, eine Stadt der Kinder und der Kunst, wie am Ortseingang zu lesen steht, Feste gefeiert werden, wo man gut essen kann und sich für die Zukunft rüstet, sondern auch ein Ort, wo die Sozialdemokratie ein Zuhause gefunden hat.
Die folgenden Zeilen sollen dies eindrucksvoll belegen. 100 Jahre SPD in Friedberg.
Im Jahre 2002 feierte der SPD-Ortsverein Friedberg sein 100-jähriges Bestehen! Einen Einblick in die bewegende Geschichte des SPD-Ortsvereins Friedberg liefert ein Blick in die Chronik, in der die Jahre von 1902 bis 1996 dokumentiert sind. Aus diesem Buch¹, das von unserem verdienten Mitglied Oswald Teuber geschrieben wurde, soll auszugsweise zitiert werden.
Diese umfangreiche Chronik vermittelt nicht nur einen Einblick in den SPD-Ortsverein selbst, beschreibt nicht nur die verdienten Mitglieder, die die Sozialdemokratie in Friedberg maßgeblich getragen haben, sondern belegt auch mit vielen Daten, Bildern und Hinweisen, wie der politische Teil der Geschichte Friedbergs in den letzten 100 Jahren ausgesehen hat.
Letztendlich entsteht ein Bild vom Leben der Menschen und der Gesellschaft in dieser Zeit. Wir fordern alle Demokraten auf, daran mitzuarbeiten, dass unsere Gesellschaft auch in Zukunft lebens- und liebenswert ist. Sprechen und diskutieren Sie mit uns, unterstützen Sie die Sozialdemokratie und unseren Ortsverein, streiten Sie mit uns, wenn es sein muss. Unser gemeinsames Ziel sollte aber immer sein, die beste Lösung für alle Bürger Friedbergs und unsere Stadt zu finden. Die Geschichte des SPD-Ortsvereins.
1902 bis 1996 – fast ein Jahrhundert Sozialdemokratie in Friedberg. Vieles hat sich in den Jahren und Jahrzehnten seit der Gründung bewegt. Veränderung im Politikbewusstsein vieler Menschen, besonders im Sozialen, war die Richtschnur sozialdemokratischen Handelns. Das „Neue“, es strahlte von den großen Städten auf das umliegende Land aus und führte somit auch in Friedberg zur Gründung eines „Sozialdemokratischen Vereins“. Als in Friedberg im Jahre 1902 eine Ortsgruppe der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegründet wurde, waren bereits 39 Jahre vergangen, seit Ferdinand Lassalle am 23. Mai 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein in Leipzig ins Leben gerufen hatte. Mit dem gleichzeitig entstandenen liberal-demokratischen Vereinstag Deutscher Arbeitervereine aus dem Jahre 1869 in Eisenach unter Führung von August Bebel und Wilhelm Liebknecht ging die Sozialdemokratische Arbeiterpartei hervor.
Im Archiv der „Schwäbischen Volkszeitung“ wurde ein Bericht gefunden, aus dem hervorgeht, dass Lechhauser Arbeiter in Friedberg eine Ortsgruppe gegründet haben. Auch mündliche Überlieferungen alter Parteimitglieder in Friedberg nennen das Jahr 1902 als Gründungsjahr. Einen weiteren Beweis liefert uns das Fahnenband aus dem Jahre 1927 vom 25-jährigen Jubiläum des Ortsvereins Friedberg und weitere Fahnenbänder vom 50-jährigen Jubiläum.
Die Geschichte einer Partei ist geprägt von den Menschen, die in ihr mitwirken. So war den alten Friedbergern noch ein Mann in Erinnerung, der die Partei in den Jahren nach der Gründung zu seiner politischen Heimat machte und ihr sein ganzes Leben lang die Treue hielt. Es war Gotthilf Klett und er war der einzige Zeuge der damaligen Zeit und die, die ihn noch kannten, erinnern sich in Dankbarkeit und Verehrung an diesen alten Sozialdemokraten.
Gotthilf Klett, im Jahre 1873 in Metzingen geboren, von Beruf Rotgerber, zog im Jahre 1902 nach Friedberg. Bereits im Jahre 1907 wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Er gehörte dem Friedberger Stadtrat an und war nach dem 2. Weltkrieg vom 16.12.47 bis 31.01.48 amtierender Bürgermeister. Gotthilf Klett war Ehrenmitglied der Partei und wurde im Jahre 1957 für 50-jährige Mitgliedschaft und wertvolle Mitarbeit geehrt. Er starb am 14. März 1960 im Alter von 87 Jahren.
Der sozialdemokratische Ortsverein Friedberg stand in den Jahren vor dem Dritten Reich nicht allein. Ihm zur Seite standen der „Arbeiter Radfahrerverein“ – im Volksmund auch „Rote Radler“ genannt – und der Gesangsverein „Frohsinn“. Zusammen hatten diese Vereine rund 300 Mitglieder und sie waren in der Lage, jedes Jahr vier bedeutsame gesellschaftliche Veranstaltungen durchzuführen, die bei der Bevölkerung großen Anklang fanden.
Mit dem Beginn der Nazi-Diktatur nahm dieses rege Vereinsleben ein jähes Ende. Die letzte SPD-Versammlung in Friedberg fand am 21. Januar 1933 statt. An dieser Versammlung nahmen 14 Getreue teil. Sechs Mitglieder der Friedberger SPD wurden verhaftet und das Vereinsvermögen in Höhe von 4.000 Reichsmark beschlagnahmt. Nach der Machtergreifung Hitlers und der über die Friedberger SPD-Stadträte Georg Blümle, Georg Rauscher, Georg Neumair und Martin Schmid verhängten Schutzhaft löste sich am 15. April 1933 der SPD-Ortsverein Friedberg selbst auf. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD verboten.
Nach dem Ende des verlorenen Zweiten Weltkrieges und dem Untergang des verbrecherischen Naziregimes ließen die Partei-Neugründungen nicht lange auf sich warten. Und so begann auch ein neues Kapitel des SPD-Ortsvereins Friedberg, das bis heute anhält. Unter Federführung von Georg Blümle richteten in einem Schreiben vom 14.10.45 24 Friedberger Bürger an die Militärregierung in Friedberg die Bitte um Zulassung der „Sozialdemokratischen Partei Bayerns“ zur Abhaltung von Versammlungen. Mit einem Antwortschreiben der Militärregierung für den Landkreis Friedberg wurde Anfang Dezember 1945 die Wiedergründung des SPD-Ortsvereins Friedberg genehmigt. Bereits am 16. Dezember 1945 fand im Gasthaus „Weißes Lamm“ die Gründungsversammlung statt. Der dabei gewählte Ausschuss hatte die Generalversammlung vorzubereiten, die am 29. Dezember 1945 stattfand. Am Tage der Versammlung hatte der Ortsverein 64 Mitglieder.
Einer der großen und unvergessenen Höhepunkte in der Geschichte des SPD-Ortsvereins ist zweifelsohne der Besuch von Willy Brandt. Seine Wahlkampftour als Kanzlerkandidat führte ihn am 3. August 1961 nach Friedberg. Oswald Teuber berichtet davon: „Auf seiner Wahlreise durch Schwaben am 3. August 1961 traf der Kanzlerkandidat zur Mittagszeit an der Stadtgrenze in Friedberg-West ein. Eine größere Abordnung unseres Ortsvereins und weitere Bürger des Stadtteils begrüßten ihn da schon überschwenglich mit viel Beifall. In Friedberg am Marienplatz angekommen, begrüßte den Kanzlerkandidaten der SPD eine über tausendköpfige Menschenmenge überaus freundlich. Der 2. Bürgermeister Rudi Walzel begrüßte den Kanzlerkandidaten, während die Tochter von Max Kreitmayr einen Blumenstrauß überreichte.
Geschichte wird immer von Menschen geschrieben: zum einen von ihren persönlichen Charakteren, Denkweisen und Zielvorstellungen, zum anderen von der Art und Weise, wie sie ihre Vorstellungen und Maximen im Zusammenleben mit anderen Menschen vertreten. Und so will sich auch die vorliegende Internet-Chronik – neben der Erinnerung an besondere, denkwürdige Ereignisse im Vereinsleben, versteht sich – in erster Linie auf jene Mitglieder konzentrieren, die die Sozialdemokratie in unserer Stadt in guten wie in schlechten Zeiten hochgehalten und die Friedberger SPD letztlich zu dem gemacht haben, was sie heute ist: eine intakte, fortschrittliche und verantwortungsbewusste Volkspartei!
Die nun folgenden 56 Jahre seit der Wiedergründung bis heute zu beschreiben, ist in diesem Rahmen aufgrund der vielen Begebenheiten selbst bei kurzer Skizzierung schlichtweg nicht möglich. Der interessierte Leser, der aber mehr wissen möchte, ist herzlich eingeladen, die gedruckte Chronik zu lesen. Alle hier genannten Namen stehen stellvertretend für all die anderen, die hier nicht genannt werden können. Sie alle haben sich im Namen der Sozialdemokratie für unser Friedberg eingesetzt und ihren Beitrag geleistet. Es liegt an uns, dafür Sorge zu tragen, dass es nicht umsonst war und wir auch in Zukunft friedlich miteinander leben können. Unsere Zukunft liegt in unseren Händen, Politikverdrossenheit ist keine Lösung.